Personalabteilungen arbeiten mit zahlreichen mitarbeiterbezogenen Dokumenten, die nach Gesetzesvorgabe zum Teil deutlich länger als zehn Jahre aufzubewahren sind. Bei einer papierbasierten Ablage müssen qualifizierte Mitarbeiter einen großen Anteil unqualifizierter Tätigkeiten wie Ablage, Suchen in Aktenordnern usw. vornehmen. Damit werden unnötig Ressourcen gebunden, die effektiver in das Personalmanagement einfließen können. Die Einführung einer elektronischen Personalakte schafft Abhilfe.
Dennoch scheuen viele Unternehmen vor einem Einführungsprojekt zurück, weil sie den Aufwand für die Digitalisierung ihrer Bestandsakten fürchten. Auch führen Datenschutzbedenken, insbesondere des Betriebsrates, häufig zu einem Veto. Ist die Entscheidung für die digitale Personalakte gefallen, geht es darum, das neue System sinnvoll in die vorhandene IT-Landschaft einzubinden. Diese Anleitung soll Unternehmen dabei helfen, eine digitale Personalakte einzuführen.
1. Betriebs- /bzw. Personalrat frühzeitig einbinden
Mit ihm werden gemeinsam die Regelungen innerhalb einer Betriebsvereinbarung in Bezug auf Zugriffsberechtigungen und Datenschutz definiert.
2. An Dienstleister auslagern oder intern digitalisieren?
Entscheidungskriterien hierfür sind – neben der Aktenanzahl –das vorhandene Budget für die Einführung der digitalen Personalakte sowie die verfügbaren internen Ressourcen.
3. Umgang mit Kopien festlegen
In vielen Unternehmen existieren eine Personalakte und zusätzlich eine sogenannte Abrechnungsakte mit allen abrechnungsrelevanten Informationen. Die Dokumente beider Akten sollen später im elektronischen Archiv in einer Akte sichtbar sein. Dabei kommt es häufig vor, dass Dokumente doppelt vorhanden sind (Beispiel: Original des Arbeitsvertrages in der Personalakte, Kopie in der Abrechnungsakte). Im Voraus muss geklärt werden, wie mit diesen doppelten Dokumenten umgegangen wird. Doppelt in der elektronischen Personalakte, Aussortieren durch den Kunden, Aussortieren durch den Dienstleister?
4. Positiv- / Negativlisten definieren
Vor der Bestandsdigitalisierung ist zu klären, ob es sogenannte Positiv-/ Negativlisten gibt. Dokumente, die in einer Negativliste enthalten sind, werden vor der Digitalisierung (meist durch den Dienstleister, selten durch den Kunden) aussortiert. Dies können Abmahnungen sein, die älter als drei Jahre sind, ebenso Original SV-Ausweise, LST-Karten etc. An der Stelle wird auch festgelegt, was mit den Dokumenten passieren soll (Vernichtung oder zurück zum Kunden). In der -Positivliste werden die Dokumente nach der Digitalisierung aussortiert, die im Original vom Kunden aufbewahrt werden müssen/ sollen. Das sind beispielsweise Original-Arbeitsverträge, Urkunden, Darlehensverträge.
5. Erforderliche Scanauflösung ermitteln
Zu 90 % werden die Personalakten in Schwarz-Weiß mit einer Auflösung von 200 dpi (nur bei OCR-Volltexterkennung 300 dpi) gescannt, da das Beleggut der Personalakten größtenteils aus Schwarz-Weiß-Dokumenten besteht. In seltenen Fällen wird alles farbig gescannt. Dabei ist auf die Dateigröße zu achten. Um die Imagegrößen auf ein „normales“ Maß zu bringen, gibt es sogenannte Komprimierungssoftware, die die Größe des Farb-Images auf die Größe eines Schwarz-Weiß-Image bringt. Teilweise werden die Dokumente in Schwarz-Weiß gescannt und Fotos in Farbe. Dies leisten die heute eingesetzten Scanstationen automatisch.
6. Digitalisierungsvarianten definieren
Bei der Digitalisierung der Bestandsakten gibt es drei Möglichkeiten:
- Digitalisierung einer Akte = ein Dokument
Bei dieser Vorgehensweise werden alle Dokumente in der chronologischen Reihenfolge der bisherigen Ablage gescannt und als ein Dokument (beispielsweise PDF, PDF/A oder Multipage-Tiff) abgelegt. Dabei erfolgt die Indizierung nach Personalnummer, Name und Vorname, evtl. auch Geburtsdatum. Diese Variante ist zwar kostengünstig, erschwert aber die spätere Arbeit innerhalb der elektronischen Personalakte, da durch die komplette Akte (meist zwischen 100 bis 150 Seiten) gescrollt werden muss, um ein bestimmtes Dokument zu finden, selbst wenn die Dokumente mit einem OCR-Volltext erstellt werden. Hinzu kommt, dass die meisten Betriebsräte einen OCR-Volltext in der Betriebsvereinbarung untersagen. - Digitalisierung pro Akte nach vorhandener Registerstruktur
Hierbei wird die derzeit in der physischen Akte vorhandene Registerstruktur (meist 8 bis 10 Register) beibehalten. Ein Register bildet dann ein Dokument. Innerhalb des Dokumentes werden die Seiten in der chronologischen Reihenfolge gescannt. Auch hier erfolgt die Indizierung nach Personalnummer, Name und Vorname, evtl. auch Geburtsdatum. Auch diese Variante ist kostengünstig, erschwert aber ebenfalls die Arbeit innerhalb der elektronischen Personalakte, selbst wenn eine Grobeinteilung nach der vorherigen Registerstruktur erfolgt ist. Des Weiteren erfolgt ein Bruch in der Ablage zu den neu abzulegenden Dokumenten, die direkt einer Dokumentenstruktur zugeordnet werden. Die Dokumente der „Altakte“ werden in einer Registerunterteilung abgelegt, die neuen nach Dokumentenklasse aufgeteilt. - Digitalisierung pro Akte mit Klassifizierung nach Dokumentenart
Diese Variante stellt die Königsdisziplin der Bestandsaktendigitalisierung dar. Hierbei wird die in der physischen Akte vorhandene Registerstruktur aufgelöst und jedes Dokument einer Dokumentenklasse (z. B. Bewerbung, Arbeitsvertrag, Krankenversicherung etc.) zugeordnet. Meist sind dies ca. 60 bis 80 unterschiedliche Dokumentenarten. Jedes Dokument wird nach Personalnummer, Name und Vorname, Geburtsdatum indiziert. Zusätzlich wird empfohlen, jedem Dokument ein Datum, z. B. das der Entstehung, mitzugeben. Damit kann eine Historie über die Dokumente in der elektronischen Personalakte abgebildet werden, wenn mehrere Dokumente einer Klasse vorhanden sind. Alternativ wird als Dokumentendatum ein Default-Datum erfasst (z. B. 01.01.1900). So ist erkennbar, welche Dokumente aus der Bestandsakte kommen und welche Dokumente nach Einführung der elektronischen Personalakte in das Archiv abgelegt wurden. Aus Erfahrungen heraus lässt sich feststellen, dass die etwas teurere Lösung sich sehr schnell amortisiert, da die elektronische Personalakte einheitlich (Altbestand und laufende Dokumente) abgebildet ist und die Mitarbeiter wesentlich effizienter mit der elektronischen Personalakte arbeiten können.
7. Schnittstellen schaffen
Findet die initiale Digitalisierung der Personalakten durch einen Dienstleister statt, so kann dieser in der Regel über Schnittstellen die marktgängigen Archive und damit die elektronische Personalakte befüllen. Voraussetzung hierzu ist eine ausführliche Schnittstellenbeschreibung über den Aufbau des Datensatzes und des Imageformates (PDF, PDF/A oder Tiff). Im Regelfall hat die digitale Personalakte darüber hinaus eine einfache Schnittstelle zur automatischen Übernahme von Massendaten und -dokumenten aus vorhandenen Systemen, etwa dem jeweiligen Abrechnungs- oder Personalmanagementsystem. Über eine integrierte Schaltfläche können Personalsachbearbeiter außerdem aus einer beliebigen Mitarbeiterakte heraus auf Knopfdruck z. B. nach SAP HCM in den Stammdatensatz des entsprechenden Mitarbeiters wechseln und umgekehrt. Idealerweise bringt die digitale Personalakte auch eine Schnittstelle zu gängigen Bewerbermanagement-Systemen mit. Diese überführt im Einstellungsprozess dann alle Daten und Dokumente des ausgewählten Kandidaten automatisch in eine neue Mitarbeiterakte. Damit vermeidet die Personalabteilung doppelte Datenführung und -pflege.
8. Maßnahmen zu Datensicherheit und -schutz definieren
Bei dem Beleggut der digitalen Akte handelt es sich um sehr vertrauliche personenbezogene Daten, die dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) unterliegen. Wenn die Akten durch einen Dienstleister digitalisiert werden, ist darauf zu achten, dass dieser die Richtlinien des BDSG einhält und die Mitarbeiter entsprechende Verpflichtungen unterschrieben haben. Je nach Branche können weitere Gesetze bzgl. des Datenschutzes greifen. Dies sollte vertraglich geregelt werden. Auf jeden Fall sollte der Dienstleister ein Datenschutz- und Datensicherheitskonzept aushändigen. Der Datenschutz beginnt bereits beim Transport der Akten. Die Akten sollten in feuerfesten, fest verschließ- und verplombbaren Datenschutzkoffern oder -containern abgelegt und dann ohne Zwischenstopp vom Dienstleister direkt in die Produktionsstätte gebracht werden. Bei der Übernahme sollte immer ein Logistikprotokoll unterschrieben werden, das Informationen über die Anzahl der Datenschutzbehältnisse enthält und bestätigt, dass diese verschlossen und versiegelt waren.
Den Schutz sensibler Mitarbeiterdaten und -dokumente gewährleistet eine elektronische Personalakte durch ein rollenbasiertes Benutzerkonzept. Dieses regelt nicht nur, wer welche Dokumente einsehen darf, sondern auch welche Bearbeitungsmöglichkeiten – beispielsweise Lesen, Bearbeiten oder Drucken – zur Verfügung stehen. Dabei können alle Dokumentzugriffe über die automatische Protokollierung und alle Änderungen über die automatische Versionierung nachvollzogen werden. Die Benutzerrechte verwaltet die Fachabteilung im Idealfall eigenständig, damit kein IT-Administrator Einsicht in das System haben muss. Darüber hinaus sind in der digitalen Personalakte alle Dokumente sicher verschlüsselt und so gegen unberechtigten Zugriff geschützt. Zusätzliche Sicherheit bietet das Löschen von Dokumenten nach dem Vier-Augen-Prinzip und die optionale Verwendung von qualifizierten elektronischen Signaturen.
9. Entsorgung der Papierakten regeln
In den meisten Fällen werden die Dokumente beim Dienstleister für einen gewissen Zeitraum (meist drei Monate) unter datenschutzrechtlichen Bedingungen zwischengelagert und anschließend nach Erteilung einer Vernichtungsfreigabe nach BDSG Sicherheitsstufe 3 oder 4 vernichtet. Alternativ können die alten Papierakten den jeweiligen Mitarbeitern ausgehändigt und so die Vernichtungskosten gespart werden.
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