Wenn das keine Klageschrift ist: Die Kanzlei Gleiss Lutz in Stuttgart hat dieser Tage – im Jahre 2019 – eine Lkw-Ladung mit 650.000 Seiten „Post“ erhalten. Das sind geschätzt drei Tonnen Papier! Dabei handelt es sich um die Klageschrift gegen Daimler im Prozess um ein Lkw-Kartell, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete.
Als Grund dafür, dass die Klageschrift nicht elektronisch übermittelt wurde, ist die zu geringe Kapazität des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) genannt. Außerdem werden „sachliche Gründe“ angeführt, warum die Anwälte bzw. Daimler auf den Ausdruck der Papiere bestanden haben sollen.

Elektronische Kommunikation ist mehr als E-Mail

Dies lässt uns und vielen anderen den Atem stocken, zumal es obendrein ein Legal-Tech-Anbieter war, der die Klageschrift zustellen musste, wie es in einem Kommentar der FAZ heißt. Viele Reaktionen – trotz des traurigen Ernstes vor allem ironischer Natur – sind im Netz zu finden, zum Beispiel auf Twitter. Denn diese Art der Zustellung ist absurd in einer Zeit, in der die Möglichkeiten für sichere elektronische Kommunikation längst weit über ein solches Postfach hinausreichen.
Zum Beispiel ist es möglich, große Dateien über eine gesicherte Webverbindung zu übertragen und sie in Enterprise-Content-Management-Systemen bereitzustellen, die zudem über Funktionen zur Zusammenarbeit verfügen. Dies erlaubt es, Informationen mit Personen, die entsprechende Berechtigungen haben, im jeweils gewünschten Umfang zu teilen. Aus technischer Sicht gibt es keinen Grund, solche Dokumentenmengen auf wertvollem Papier, für das Bäume sterben mussten und für dessen Herstellung weitere Ressourcen verbraucht wurden, auszudrucken und durch die Gegend zu fahren.
Zudem dürfte die Weiterverarbeitung der Informationen, die bis zum Herbst stattfinden soll, unter diesen Voraussetzungen ein Graus sein. Wie viele weitere Kopien entstehen? Wo verbleiben diese Kopien? Wie werden Informationen gesucht?

Digitalisierung schont die Umwelt und verbessert die Zusammenarbeit

Dabei gibt es bessere Lösungen. Die 650.000 Seiten mit Hochleistungsscannern erfassen, um sie anschließend elektronisch und sicher zur Verfügung zu stellen. So ließe sich die Klageschrift zum Beispiel im Volltext nach Begriffen durchsuchen und verschiedene Mitarbeiter könnten gleichzeitig sowie ortsunabhängig auf das Dokument zugreifen – ohne Akten schleppen zu müssen. Alle beteiligten Mitarbeiter können gemeinsam an der Antwort auf die Klageschrift arbeiten und dabei stets auf die aktuelle Version zugreifen, unabhängig vom Ort, an dem sie sich gerade befinden. Nicht, dass im Zuge der anwaltlichen Vertretung und des weiteren Verfahrens noch mehr Ressourcen verschwendet werden! Denn ein Ausgleich des durch die Papierschlacht entstandenen CO2-Ausstoßes durch den Kauf von Bäumen ist keine Wiedergutmachung. Er wird dem FAZ-Kommentar zufolge fast ein Vierteljahrhundert dauern.

Autor: Bodo Boer, Direktor Vertrieb, TROPPER DATA SERVICE AG